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Kezia Zurbrügg

Was machen eigentlich unsere ehemaligen Studierenden?
Von der Arbeit erzählt: Kezia Zurbrügg – Regisseurin (Abschluss 2017)

Kezia, du arbeitest als freischaffende Filmregisseurin. An welchen Filmprojekten arbeitest du momentan und gibt es bereits neue Projekte, die du angehen möchtest?

Das Dokumentarfilmprojekt «Sisterhood» von Selin Dettwiler, bei dem ich Kamera mache ist in Entwicklung. Da treffen wir uns in der Crew bald für ein paar Tage, analysieren zusammen das Filmmaterial des Testdrehs und besprechen, wohin sich das Projekt inhaltlich und von der gestalterischen Form entwickeln könnte. Wir drehen in der Türkei mit Selins Tanten in mehreren Drehblöcken über die nächsten Jahre hinweg. Ich freu mich sehr auf dieses lange Projekt und die enge Zusammenarbeit in der kleinen Crew.

Für meine zwei letzten Kurzfilme «Leavers» und «In guten Händen» (in Co-Regie mit Philipp Ritler) stehen immer wieder Festivaleingaben an. Und dann bin ich noch ganz am Anfang der Entwicklung von einem dokumentarischen Kurzfilmprojekt in Co-Regie mit Patrik Näpflin, bei dem es um Hinterlassenschaften und den bürokratischen Umgang mit dem Tod geht.

Kezia (links mit Kamera) beim Testdreh von SISTERHOOD
Testdreh von SISTERHOOD

Letzten Sommer hatte dein neuster Kurzfilm «In guten Händen», den du in Co-Regie mit Philipp Ritler gemacht hast Weltpremiere. Kannst du uns etwas über den Film erzählen, wie kam es zu diesem Projekt und warum hast du dich für eine Co-Regie entschieden?

Die Grundidee für den Film hatten Philipp und ich bereits kurz nach unserem Abschlussfilm. Ausgehend von den Erfahrungen beim Dreh der Kuschelseminar-Szene in «Fürchtet euch nicht» haben wir uns mit Anschlusssuche und Zugehörigkeit beschäftigt. Wir hatten auch einfach Lust uns noch mehr in die hybride Form zwischen Dokumentarfilm und Inszenierung hinein zu geben. Die Projektentwicklung von «In guten Händen» dauerte dann über zwei Jahre. Einerseits war es zum Teil schwierig gleichzeitig Zeit zu finden, andererseits war die Finanzierung im ersten Anlauf nicht so erfolgreich, wie wir es uns gewünscht hatten. Im zweiten Anlauf hat es dann wunderbar geklappt. Rückblickend hat die lange Projektentwicklung dem Projekt gutgetan. Wir sind dadurch fokussierter geworden, hatten keinen finanziellen Druck und eine klarere Vision, als es dann ans Drehen ging. Es war ein wunderbarer Dreh mit der Crew und den vielen Protagonist*innen und wir hatten in der Pandemie ein grosses Glück mit dem Timing und konnten im Sommer 2020 wie geplant drehen. Ich mag die Energie einer Co-Regie, dass man nicht alleine an einem Projekt herumkaut, sondern sich immer wieder neue Impulse gibt. Mir hilft die Zusammenarbeit in Co-Regie auch selbstkritisch alles an einem Projekt zu hinterfragen, ohne in einen negativen Strudel zu geraten, aus dem man kaum wieder herauskommt.

Am Set von IN GUTEN HÄNDEN
Kezia (rechts) zusammen mit Co-Regie Philipp Ritler (links) an der Weltpremiere von IN GUTEN HÄNDEN in Sarajevo.

Was fasziniert dich besonders an deiner Arbeit als Regisseurin?

Das schönste ist, dass ich selber entscheiden kann, mit was für Fragen ich mich beschäftige. Ich mag es, wenn sich nach und nach herauskristallisiert, wie diese Fragen zu einer Filmidee werden. Jedes Projekt ist ein Prozess.

Ich liebe es auch Menschen kennen zu lernen, die in einer komplett anderen Realität leben, bei denen ich zu Beginn vielleicht das Gefühl habe, sie werden nicht verstehen um was es mir geht – und dann immer wieder überrascht zu werden und auch ertappt in den eigenen Vorurteilen.

Am Set des Musikvideos BURN IT

Was für eine Rolle spielte das Bachelor Studium in Video/Film an der HSLU auf deinem Weg in die Filmbranche?

Nach der Lehre in der Werbefotografie ging für mich im Vorkurs ein bisschen eine Welt auf. Plötzlich lag da die Möglichkeit, zu experimentieren, mich visuell und inhaltlich in Themen zu vertiefen, ohne Kund*innen oder einen Auftrag. Das Studium weitete dies aus, ich sah filmische Arbeiten die mich irritierten, herausforderten und beschäftigten. Ich lernte, dass es gerade auch im dokumentarischen so viele verschiedene Herangehensweisen und auch Motivationen hinter den Filmen gibt, was in mir ein politisches Verständnis vom Filmemachen weckte.

Im Studium sind auch Freundschaften entstanden und viele Kontakte über die Jahrgänge hinaus, die mir heute noch sehr wichtig sind.

Wie hast du dich direkt nach dem Studium organisiert, um in der Filmbranche zu arbeiten?

Direkt nach dem Studium war ich ein paar Monate vor allem in den Ferien.

Da habe ich mich mit Bildbearbeitung und Fotografie-Assistenzjobs über Wasser gehalten und mich selbständig angemeldet. Im Dezember 2017 haben Philipp und ich die erste Projektskizze von «In guten Händen» entwickelt und eingereicht, ich kurz darauf das Dossier für «Leavers». Beide Projekte zogen sich über mehrere Jahre und so bin ich irgendwie reingeschlittert, hab nebenbei bei Projekten von Freund*innen gearbeitet und ein Kamera-Praktikum bei «Das neue Evangelium» von Milo Rau gemacht. Was mir sehr geholfen hat, sind Filmschaffende und Produzent*innen, an die ich mich wenden konnte, sei es bei produktionellen Fragen, Rückmeldungen zu Projektideen oder auch sonst für den Austausch. In Luzern ist die Filmszene nicht so sichtbar, zuerst fühlte ich mich ein bisschen allein und verloren, da haben mir die Filmstammtische von Film Zentralschweiz geholfen, Personen aus allen Filmbereichen kennen zu lernen und zu merken, dass es da ja doch noch einige gibt.

Am Set von DAS NEUE EVANGELIUM

Gibt es etwas, was du den angehenden Filmemacher*innen der HSLU auf den Weg geben möchtest?

Ich glaube, es lohnt sich mutig zu sein und keine Kompromisse zu machen. Nehmt keine Aufträge an, die euch nicht interessieren. Denkt daran, dass man von anderen meist nur die Erfolge mitbekommt, und nicht die Zweifel und auch nicht die Tage, an denen sich alle einen Bürojob oder zumindest ein festes Einkommen wünschen.

Verbündet euch und arbeitet in Crews mit Personen, die ihr auf fachlicher Ebene und auch als Menschen schätzt. Und hinterfragt Hierarchien, am Set und in der Branche.

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