MEET THE ALUMNI:

NICOLAS NAGY

Was machen eigentlich unsere ehemaligen Studierenden?
Von der Arbeit erzählt:
Nicolas Nagy – Tonmeister, Set-Ton, Perchman

(Abschluss 2016)

Nicolas, du hast ein ziemlich spannendes und auch intensives Jahr hinter dir. Erzähl mal, was hast du alles erlebt und wie war es für dich zu arbeiten?

Bis Anfang Februar war ich als Tonangler auf den ersten beiden Zürcher Tatorten beschäftigt, begonnen mit den Dreharbeiten hatten wir im November 2019. Anschliessend ging ich für den neuen Kinofilm von Michael Steiner „Und Morgen seid ihr tot“ nach Indien. Es wird die Geschichte von einem jungen Schweizer Paar erzählt, welches mit einem kleinen Camper von der Schweiz bis nach Indien und zurück reisen wollte und auf der Rückreise in Pakistan von der Taliban entführt wurden. Die Crew war durchmischt, Department Chefs sowie ein paar wenige der restlichen Crew (z.B. Ich als Tonangler) waren aus der Schweiz, der Grossteil des Teams jedoch war aus Indien. Dies war das erste Projekt auf dem ich über mehrere Wochen mit einem zweiten Tonangler zusammengearbeitet habe. Das Arbeiten mit der indischen Filmcrew war super spannend und hatte überraschend gut funktioniert. Dann wurden wir plötzlich mit der Thematik Corona konfrontiert und wir mussten die Dreharbeiten schnellstmöglich abbrechen und eine gute Woche zu früh beenden und haben ein ganzes Hauptmotiv hängen gelassen. Wir haben die letzten Drehtage genutzt um alle Landschaftsaufnahmen zu machen, damit wir dann nur noch einen Innenhof und Umgebung drehen mussten, und nicht an die Location in Indien gebunden sind. Wir waren alle froh, als wir ausreisen konnten, da zu der Zeit nur noch sehr wenige Flüge flogen und wir nicht in Indien festsitzen wollten. Den Lockdown habe ich dann in einer Alphütte verbracht. Meine Freundin und ich haben während dieser Zeit den Innenausbau einer, im Herbst neugebauten Alphütte vorangetrieben und anschliessend bis Mitte Juni sechs Wochen die Kühe gehirtet. Während dieser Zeit wurden zwei Kinofilme, auf welchen ich dieses Jahr hätte arbeiten sollen, wegen Corona auf nächstes Jahr verschoben.Für den schweizer Teil von “Und Morgen seid ihr tot” haben wir Ende Juni / Anfang Juli als erste grosse Schweizer Filmcrew die Arbeit unter einem Schutzkonzept wieder aufgenommen. Anschliessend hatte ich ein paar Wochen drehfrei bevor ich Mitte August für sechs Wochen für einen von vier Länder co-produzierten Kinderspielfilm nach Luxemburg fuhr.Ende Oktober bis Mitte Dezember bin ich relativ spontan für einen Kollegen für den zweiten Teil der TV Serie Neumatt eingesprungen. Direkt anschliessend war ich nochmals für eine Woche auf dem Projekt “Und Morgen seid ihr tot” am arbeiten. Wir mussten noch den “Indienteil” fertig drehen und konnten dies in Andalusien nachholen.

Frieden 2019, © Sava Hlavacek

Du arbeitest seit deinem Anschluss beim BA Video als Tontechniker bei vielen verschiedenen Filmprojekten mit – was fasziniert dich an deinem Beruf?

Was ich an meinem Beruf liebe sind die verschiedensten Orte wo die Projekte umgesetzt werden. Klar gibts regelmässig Motive, bei denen der Platz begrenzt und das Arbeiten anstrengend ist, wie z.b. in kleinen Wohnungen. Aber ich komme immer wieder an schöne Schauplätze in der Natur oder an spannende, nicht öffentlich zugängliche Drehorte. Speziell gern habe ich Projekte in der Natur (z.B. “Jill” von Steven Hayes oder “Morgen seid ihr tot”) und historische Projekte, wo die Filmsets nach einer anderen Zeit aussehen und man mit dem Projekt in diese faszinierende Welt eintauchen kann, wie es zum Beispiel bei “Zwingli” oder “Frieden” der Fall war.  

Mich fasziniert die Arbeit mit der Tonangel. Man arbeitet mitten im Filmset und ist  sehr nahe beim Geschehen. Während den Aufnahmen erfordert die Arbeit höchste Konzentration, denn man muss gleichzeitig auf sehr viele verschiedene Aspekte achten. Zum einen muss man die Dialoge und die Bewegungen der Schauspieler kennen, um immer einen Schritt voraus sein zu können. Zum anderen ist es wichtig zu wissen, was der Bildausschnitt ist und wie sich die Kamera bewegt. Neben dem Bildausschnitt spielt das Licht eine zentrale Rolle, denn ich muss wissen, wann ich wo Schatten mache und wie ich diese umgehen kann, damit sie nicht in den Bildausschnitt fallen.

Besonders spannend finde ich es dann, wenn viel Bewegung im Spiel ist und die Kamera auf der Schulter geführt wird. Dann wirkt es manchmal wie ein Tanz zwischen Schauspieler, Kameraperson und Tongangler. Dies war zum Beispiel beim Film “Und Morgen seid ihr tot” der Fall.

Tatort 2020, © Sava Hlavacek

An welchen Projekten arbeitest du momentan und gibt es bereits neue Projekte, die du angehen möchtest?

Noch bis Ende März arbeitete ich als Tonangler auf den Zürcher Tatorten 3 & 4. Ende April bis Ende Juni steht der Kinder-Kinofilm „Räuber Hotzenplotz“ in Deutschland und der Schweiz auf dem Programm. Räuber Hotzenplotz war ursprünglich auf letzten Herbst geplant, wurde  jedoch auf nächsten Mai/Juni verschoben.

Da ich zurzeit sehr viel auf Fernseh- und Kinoprojekten als Tonangler arbeite, habe ich keine Zeit und Energie, mich mit eigenen Projekten auseinanderzusetzen. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, wieder einmal ein eigenen Film zu realisieren, wenn mir die entsprechende Idee in den Sinn kommt. Ich fände es sehr spannend, mit einer visuell orientierten Person Co-Regie bei einem Dokumentarfilm zu führen und gleichzeitig die Tonaufnahmen dafür zu übernehmen. Mir sagt die Arbeit als Tonmeister auf dem Dokumentarfilm total zu, leider bietet sich zur Zeit sehr selten die Gelegenheit. Für die Zukunft würde ich mir ein Dokumentarfilmprojekt wünschen welches über einen längeren Zeitraum in kleineren Drehblöcken realisiert wird, wie z.B. „Zürcher Tagebuch“ von Stefan Haupt, welches wir bis Ende 2019 gedreht haben.

Tatort 2020, © Sava Hlavacek

Was für eine Rolle spielte das Bachelor Studium in Video/Film an der HSLU auf deinem Weg in die Filmbranche? 

Ursprünglich kam ich mit der Motivation nach Luzern, Animation zu studieren. Deshalb war es für mich wichtig, den Vorkurs an der HSLU zu machen. Dort kam ich dann zum ersten Mal in Berührung mit dem Medium Film. Zuvor hatte ich noch nie ein eigenes Filmprojekt auf die Beine gestellt oder auch nur konkrete Gedanken in diese Richtung gehabt. Ende des Studiums wusste ich, dass ich mich im Bereich des Set-Tons in der Schweiz etablieren möchte. Diese Entwicklung konnte dank der Konfrontation im Vorkurs, den drei Jahren Studium sowie dem dazugehörigen Selbststudium, durch den Austausch mit Gleichgesinnten sowie dem Ausprobieren verschiedenster Sachen stattfinden. In den ersten zwei Jahren hatte ich selber Projekte umgesetzt, ich bin im Schnittraum gesessen, bin mit der Kamera in der Hand durch die Gegend gerannt und habe bei vielen Möglichkeiten Ton für meine Mitstudenten aufgenommen. Ich glaube, schlussendlich waren die betreuten Freiheiten, welche wir während dem Studium hatten, ausschlaggebend, damit ich herausfinden konnte, was mir am meisten gefällt und am besten gelingt. 

Das Studium hat mir einen umfassenden Einblick in die Arbeiten des Films gegeben, was mir bei meiner Arbeit zugute kommt. Die Auseinandersetzung mit eigenen Projekten, mit der Kamera und mit dem Schnitt helfen mir, die verschiedenen Departments besser zu verstehen. Während dem Studium habe ich viele Filme verschiedenster Genres gesehen. Ich wurde aufmerksam auf unterschiedliche Erzählsprachen und Erzählrythmen und lernte, was mir wieso gefällt und mit welchen Typen des Films ich mich gerne auseinandersetzen möchte. Klar hätte ich diese Entdeckungen auch ohne Studium machen können, das Studium gab mir jedoch einen sicheren Rahmen und eine Struktur, indem ich Zeit für die Auseinandersetzung hatte und Menschen, mit denen ich mich austauschen konnte.

Wie hast du dich direkt nach dem Studium organisiert, um in der Filmbranche zu arbeiten?

Dass man sich gegen Ende des Studiums fragt, was man anschliessend machen will, ist klar. Ich wusste selbst nicht genau, welchen Weg ich wie verfolgen und angehen soll, aber es hat sich eines nach dem anderen ergeben. Schon während dem dritten Jahr des Studiums konnte ich diverses Tonmaterial (Recorder, Mikrofone, etc.) gebraucht von Berufskollegen übernehmen. Mir war klar, dass ich auf dem Gebiet des Originaltons arbeiten möchte und diese Anschaffungen erlaubten mir direkt nach dem Studium unabhängig vom Materialpool der HSLU zu sein.

Mein erstes Filmprojekt nach dem Studium war Rewind Forward von Justin Stoneham, welches wir im Herbst 2016 gedreht haben. Danach konnte ich immer mal wieder auf kleineren Werbungen Ton aufnehmen oder für einzelne Tage auf Dokumentarfilmen aushelfen. Im Winter nach dem Studium kam ich vermehrt in Kontakt mit verschiedenen Tonmeistern und 2017 konnte ich dann zwei Praktika (Stagieres) auf Schweizer Kinospielfilmen machen, sowie erste Erfahrungen als Tonangler sammeln. Dies hat zu einer regelmässigen Zusammenarbeit mit einem Tonmeister geführt, welcher mich dann jeweils für Projekte als Tonangler anfragte.  

Frieden 2019, © Sava Hlavacek

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