Meet the alumni
Gabriela Betschart
Was machen eigentlich unsere ehemaligen Studierenden?
Von der Arbeit erzählt:
Gabriela Betschart – Kamerafrau und Regisseurin
(Abschluss 2008)
Gabriela, du arbeitest als freischaffende Kamerafrau und Regisseurin und gibst nebenbei Filmkurse. Ausserdem bist du Gastdozentin an der ZHDK und gestaltest hin und wieder sogar Filmplakate und Intros! Wie schaffst du es, all das zu bewältigen und unter einen Hut zu bringen?
Das geht eigentlich alles sehr gut aneinander vorbei. Habe ich mal weniger in jenem Bereich zu tun, habe ich dafür etwas mehr im anderen Bereich. Mein Hauptfokus liegt aber vor allem bei der Kameraarbeit für Kinodokumentarfilme.
Bei kürzeren Projekten wie beispielsweise einem Kurzdok fürs Schweizer Fernsehen, ein Corporatefilm für das Migros Kulturprozent oder einem Webvideo für die ETH Foundation übernehme ich zusätzlich auch Regie und Schnitt. An der ZHDK habe ich ein Pensum zwischen 4 – 20%, das variiert je nach Semester. Intros und Filmplakate mache ich gerne, da ich ja ursprünglich Grafikerin gelernt habe. Solche Aufträge habe ich aber nur noch ganz selten. Da alles sehr unregelmässig und mehr oder weniger flexibel ist, lässt sich das gut miteinander vereinbaren und ist, neben meiner Familie, bisher gut aufgegangen. Es braucht einfach ein wenig Organisation und ein Gespür dafür wieviel machbar ist.
An welchen Projekten arbeitest du momentan und gibt es bereits neue Projekte, die du angehen möchtest? Gibt es Einschränkungen durch die momentane Situation?
Kurz vor dem Lockdown hatten wir den ersten Drehtag für den Kinodokfilm «Les nouvelle Èves». Ein Omnibus-Dok-Film (ein langer Film bestehend aus vielen Kurzfilmen) von sechs verschiedenen Regisseurinnen der 2021 ins Kino kommen soll und 2020 beim Migros Kulturprozent CH-Dokfilm-Wettbewerb gewann. Unter den Regisseurinnen sind übrigens auch zwei HSLU-Absolventinnen Thais Odermatt und Anna Thommen. Ich bin dort für die Kameraarbeit zuständig. Durch Corona fielen aber alle Drehtermine ins Wasser und mussten verschoben werden, allenfalls muss auch inhaltlich vieles neu überdacht werden.
Ich bin zudem noch in weiteren Dokumentarfilmen involviert – die sich noch in verschiedenen Stadien befinden und ganz unterschiedliche Themen behandeln. Einzelne Drehtage wurden auch von diesen Projekten verschoben. Ich bin gespannt wie sich das Ganze entwickelt – nicht nur für meine Arbeit, auch für die ganze Branche. Meine Kameraarbeit bei Dokumentarfilmen lebt durch die Nähe zu den Protagonisten, mit zwei Meter Abstand wird das eher schwierig…
Was fasziniert dich an deinem Beruf besonders?
Da gibt es natürlich einige Dinge! Da ich vorwiegend Dokumentarfilme mache tauche ich immer wieder in ganz viele neue Welten ein, zu denen ich ohne Kamera keinen Zutritt hätte. So wie die Orte und Menschen vor der Kamera wechseln, so unterschiedlich ist bei jedem Projekt auch das Team hinter der Kamera – was sehr abwechslungsreich ist. Ich mag es bei den Drehs jeweils voll präsent und fokussiert zu sein, alles rundherum für einen Moment zu vergessen. Die Kameraarbeit fordert physisch aber auch psychisch. Und dann ist da natürlich die Gestaltung des Bildes, eine Stimmung, eine Situation so in einem Bild einzufangen, dass es beim Betrachter etwas auslöst. Immer mit dem Gedanken möglichst authentisch und nah bei den Menschen vor der Kamera zu sein. Da ich neben der Kameraarbeit auch unterrichte und eigene Aufträge realisiere wird es mir zudem nie langweilig.
Was für eine Rolle spielte das Bachelor Studium in Video/Film an der HSLU auf deinem Weg in die Filmbranche?
Hier wurde ich ermutigt meine eigene Stimme zu finden, was für meine jetzigen eigene Projekte sehr hilfreich war. Die Lust am Ausprobieren und in sich selbst vertrauen zu haben, sind Dinge die ich sicherlich aus dieser Zeit mitgenommen habe. Neben einem Austauschsemester in der Kameraklasse an der HFF in Berlin konnte ich bei diversen Abschlussfilmen die Kamera führen und nebenbei aber auch meinen eigenen Abschlussfilm realisieren. So konnte ich schon früh vieles ausprobieren. Einige Kontakte von damals sind bis jetzt geblieben, daraus entstanden immer wieder gute Zusammenarbeiten, Weiterempfehlungen und Freundschaften. Zudem entdeckte ich eigentlich erst durch das Studium den Dokumentarfilm, was eine grosse Bereicherung war und ist
Wie hast du dich direkt nach dem Studium organisiert, um in der Filmbranche zu arbeiten?
Ich erwartete von mir einen genauen Plan zu haben, was ich nach dem Studium machen werde, doch den hatte ich nicht. Ich hatte keine Ahnung, wie ich mein Geld mit Film verdienen sollte. Ich arbeitete mal hier mal dort für ca. drei Jahre, machte einige Praktikas, arbeitete an Filmfestivals, führte für Kurzdoks immer mal wieder die Kamera und versuchte rauszufinden in welche Richtung es nun wirklich gehen könnte. Dann bewarb ich mich für den Kameramaster an der ZHDK mit dem Hauptziel auch mal grössere Dokumentarfilme zu realisieren und rauszufinden ob es denn nun wirklich die Kameraarbeit sein soll. Zwei Jahre später (2012) schloss ich mit zwei langen Dokumentarfilmen (Neuland, Regie: Anna Thommen & Ma na sapna – A mother’s dream, Regie: Valerie Gudenus) und einem kurzen Spielfilm (Girl And Boy On The Rocks, Regie: Maria Sigrist), bei denen ich Kamera führte, ab. Dadurch, dass die Filme einige Preise erhielten und andere Regisseure auf meine Arbeit aufmerksam wurden, erhielt ich nach einem Weilchen automatisch weitere Anfragen.
Nach dem Master war mir aber klar, dass es eine Zeit dauern wird, bis ich von meiner Kameraarbeit leben kann. Aus diesem Grund suchte ich mir einen flexiblen Job, der ein regelmässiges Einkommen garantierte. Ich arbeitete bis vor einem Jahr im Kulturbüro St.Gallen, was ein grossartiger «Nebenjob» war.
Im Nachhinein denke ich, dass es gar nicht möglich gewesen wäre mir mein heutiges Berufsleben so vorzustellen wie es ist!