Meet the alumni
Corina Schwingruber
Was machen eigentlich unsere ehemaligen Studierenden?
Von ihrer Arbeit erzählt:
Corina Schwingruber – Regisseurin und Editorin
(Abschluss 2009)
Corina, dein neuer Film «All Inclusive» geht gerade durch die Decke: Weltpremiere in Venedig, Toronto Film Festival, IDFA, Sundance und mit dem Gewinn in Dok Leipzig die Qualifikation für die Longlist der Oscars – Und das ist erst der Anfang. Was bedeuten für dich als Filmemacherin diese Erfolge?
Es ist einfach der Oberhammer!! Ich sehe es als riesiges Geschenk, nach soviel vergossenem Herzblut diese wahnsinnige Anerkennung zu bekommen. Es ist eine grosse Motivation, weiterhin Filme zu machen.
Du engagierst dich unter Anderem auch für den Schweizer Kurzfilm im Verein Pro Short, den du mitaufgebaut hast. Was sind deine Bewegründe dafür?
Der Kurzfilm wird in der Filmförderung sehr stiefmütterlich behandelt, obwohl er im Verhältnis zu den anderen Formaten extrem erfolgreich ist. Die Wahrnehmung vom Kurzfilm ist falsch- man geht oft nur von Nachwuchsfilmen und Low-Budget-Produktionen aus, obwohl ein Kurzfilm im Verhältnis gleich oder noch aufwändiger ist als ein langer Film. Das schreckt auch viele Produzentinnen und Produzenten ab- weil es einfach zu aufwändig ist Kurzfilme zu produzieren und die Filmförderung zuwenige Anreize für die Kurzfilmproduktion bietet.
Jahrelang habe ich dabei zugeschaut wie Fördermassnahmen gestrichen oder Budgets gekürzt wurden. Da im Kurzfilmschaffen viele Leute kommen und wieder verschwinden oder zum Langfilm wechseln, hat sich nie jemand richtig dafür verantwortlich gefühlt. Irgendwann hatte ich genug: Wir haben uns zusammengetan und so entstand Pro Short – und ganz viel filmpolitische Arbeit dazu…
Was steht als nächstes für dich an, gibt es bereits neue Projekte, die du angehen möchtest/kannst?
Ich und mein Mann Nikola Ilic – ebenfalls Abgänger des BA Video – arbeiten schon seit über 5 Jahren an unserem ersten langen Dokfilm. Voraussichtlich wird er 2020 endlich fertig. Es geht um unsere Familiengeschichte: Wieviel Verantwortung man übernimmt und Freiheit aufgibt um für seine Eltern zu sorgen, wenn sie pflegebedürftig werden.
Zudem arbeite ich an meinem nächsten Kurzdok über OVERTOURISM. Da bin ich aber erst in der Recherchephase.
Da man alleine von der Arbeit als Regisseurin nur schwer leben kann, und ich es liebe fremde Projekte zu schneiden, arbeite ich momentan als Editorin an einem langen Kino-Dokumentarfilm von Maria Müller und im Sommer dann an einen Kurzfilm von Roman Hodel (beides ebenfalls Abgänger des BA Video).
Was für eine Rolle spielte das Bachelor Studium in Video/Film an der HSLU auf deinem Weg in die Filmbranche?
Ohne dieses Studium wäre ich gar nicht zum Film gekommen. Ich habe dort nicht nur einen technischen Einblick in die verschiedenen Departemente wie Kamera, Ton, Schnitt, Produktion und Regie bekommen, sondern konnte meinen eigenen filmischen Weg finden. Ich wurde von den Dozentinnen und Dozenten stets total unterstützt und motiviert, meine eigene Filmsprache zu entwickeln. Auch nach dem Studium blieben die Kontakte und halfen mir in der Filmbranche Fuss zu fassen. Zudem hatte ich eine super Klasse – wir haben uns gegenseitig viel geholfen und auch heute noch besteht ein reger Austausch untereinander. Alle arbeiten in irgend einer Weise in der Filmbranche. Die Abteilung Video ist sehr familiär, man kennt sich sehr gut untereinander – über mehrere Jahrgänge hinweg. Dieses Netzwerk unter den ehemaligen Studierenden ist bis heute sehr gut und es ergeben sich so viele Zusammenarbeiten und Jobmöglichkeiten.
Wie hast du dich direkt nach dem Studium organisiert, um eine Karriere in der Filmbranche anzustreben?
Ich hatte in dem Sinne nie einen konkreten Karriereplan. Ich hüpfte einfach von einem Filmprojekt ins nächste und find es bis heute ein grosses Privileg, überhaupt Filme machen zu dürfen. Direkt nach dem Studium habe ich zusammen mit Thais Odermatt, einer Studienfreundin, einen Atelierplatz gemietet, wo ich auch heute noch arbeite. Ich habe dann ein paar Videoaufträge im Bereich Kultur & Soziales gemacht, dann aber bald eine 60%-Stelle bei der Caritas als Deutschlehrerin bei der Flüchtlings- und Aslystelle angenommen, weil das Geld knapp wurde. Daneben habe ich an meinem ersten Kurzdok BAGGERN gearbeitet. Als dieser dann ziemlich erfolgreich lief, habe ich mir gedacht: „Jetzt oder nie“ – und voll auf die Filmkarte gesetzt, d.h. nur noch Arbeit im Bereich Film angenommen. Sei es als Editorin, Dozentin, Kamera- oder Tonfrau. Inzwischen konzentriere ich mich hauptsächlich auf die Arbeit in Schnitt und Regie, und unterrichte ab und zu, was ich ebenfalls sehr gerne mache.